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Start der Tour im Bruno-Taut-Laden

Sie befinden sich in der Ladenstraße in einer Geschäftseinheit ursprünglicher Größe von ca. 44 Quadratmetern. Hier befinden sich die Ausstellungsräume der Bruno Taut-Galerie und das Archiv. Hier beginnen üblicherweise die Führungen vor einem großen Lageplan der Siedlung mit einem Kurzvortrag über den Siedlungsaufbau und ihre Entwicklungsgeschichte. Ein weiter hinten gelegener Raum zeigt Ausstellungsobjekte zum Leben und Werk von Bruno Taut und enthält Archivmaterial in Form von Fotokopien, die in Leitzordnern aufbewahrt werden. Dieser Raum bietet neben der Möglichkeit, diese Materialien wahrzunehmen auch die Möglichkeit, sich in kleinen Gesprächsrunden zu versammeln. Zurück zum Plan


01 Vor dem Bruno-Taut-Laden

1929 wurde der Bau der U-Bahn-Linie vom Thielplatz bis zur Krummen Lanke durchgeführt. Hier entstand der Haltepunkt Onkel Toms Hütte – entworfen von dem schwedischen Architekten Alfred Grenander. Hieran schloss sich zwei Jahre später der Bau der Ladenstraße, die mit ca. 30 Einzelläden – einschließlich Kino als kultureller Einrichtung – 1931 eröffnet wurde. Initiatoren waren der Bauherr Adolf Sommerfeld und der Architekt Otto Rudolf Salvisberg. Seit der Entstehung der Ladenstraße mit kleinen Einzelhandelsgeschäften hat sich die Geschäftsstruktur der Ladenstraße zugunsten größerer Geschäftseinheiten und anonymer Betreibung geändert. Kurzzeitig war das Onkel Tom Kino auch Vorlesungssaal der Freien Universität nach deren Auszug von „Unter den Linden“. Diese Räumlichkeiten wurden nach 1968 in einen Supermarkt umgewandelt. Nach dem Krieg und der Besetzung Zehlendorfs durch die Amerikaner wurde die Ladenstraße für die deutsche Nutzung gesperrt und stand ausschließlich den Angehörigen der amerikanischen Armee zur Verfügung. Den Deutschen wurden in der Argentinischen Allee auf einer der Fahrbahnen Baracken zum Einkauf zur Verfügung gestellt. Zurück zum Plan


02 U-Bahnhofsvorplatz an der Riemeisterstraße

Nach Verlassen des BRUNO TAUT LADENS beginnt die Route auf dem Vorplatz des U-Bahnhofes in der Riemeisterstraße auf der gegenüber liegenden Seite des Bahnhofes.Hier bietet sich ein  Rundblick auf die attraktiv gestaltete Seite des Bahnhofes mit seinen durch Klinkersäulen geschmückten Zugangsbereichen sowie die umliegenden Bauten. An erster Stelle wird hier der Südgiebel des Hauses Riemeisterstraße 131 benannt.  Hier findet sich  in großen Buchstaben: „Diese Siedlung erbaute die GEHAG in den Jahren 1926-1931“. Wenige Meter weiter südlich befindet sich ein nach den Plänen von Bruno Taut errichtetes Restaurant mit Garten. Es firmiert heute unter dem Namen „KRETANER“ und setzt die lange Tradition einer schon bald nach Entstehung der Siedlung errichteten wichtigen privatwirtschaftlichen gastronomischen Einrichtung der Kommunikation fort. Das Unternehmen ist mit einem kleinen Hotelbetrieb kombiniert. Es ersetzte in gewisser Weise schon früh ein Gesellschaftshaus, das in der kurzen Zeit des Siedlungsaufbaus zwar vom Architekten Fred Forbat geplant aber nicht gebaut wurde. Der weitere Blick in südliche Richtung zeigt beidseitig der Riemeisterstraße in direktem Anschluss an die Kopfbauten der Wilskistraße zwei ebenerdige Pavillonbauten. Der östliche diente der „Friseurkunst“ (seit 2015 ein Architekturbüro), der westliche hat einer Folge von Einrichtungen – wie Drogerie, Blumenladen, usw. – gedient. Jetzt ist hier eine private Kindertagesstätte untergebracht. Wie diese Pavillons gab es in der Siedlung weitere dezentrale Einrichtungen der wohnungsnahen Versorgung, heute mit Folgeeinrichtungen – zumeist von Kindertagesstätten und einer Zahnarztpraxis. Zurück zum Plan


03 Riemeisterstraße

in Höhe Wilskistraße

Hier in der Mitte der Straßenfläche der Riemeisterstraße zwischen ihren leicht torhaften Eckbauten blicken wir in südlicher Richtung. Sie hat auf ihrer Gesamtlänge eine eindrucksvolle Breite mit Alleecharakter durch große Buchen am Straßenrand und Kiefern nahe den Häusern. Die beidseitigen Vorgartenflächen ergänzen das Bild in der südlichen Riemeisterstraße. Auf der linken – östlichen – Seite, der Wohnseite mit Balkon, sind die Vorgartenflächen ca. 7,5 Meter tief, auf der rechten – westlichen – Seite, der Schlafzimmerseite, sind sie ca. 5 Meter breit. Die gesamte Breite der Riemeisterstraße beträgt 15 m Meter. Diese Straße zieht sich durch die gesamte Siedlung in nord-südlicher Richtung über eine Länge von ca. 1000 m. Zurück zum Plan


04 Kiefernhof

Bauabschnitt I: Kiefernhof und Umgebung

Der Bauabschnitt I schließt unmittelbar an den Häuserblock an, der die U-Bahnstation und die Ladenstraße im Süden umgibt. Die Wilskistraße im Norden, der Waldhüterpfad im Westen, die Riemeisterstraße im Osten und die Straße Im Gestell im Süden bilden seine Grenzen. Zu diesem Bauabschnitt gehören aber auch noch die benachbarten Straßen – westlich der Mietwohnungsbau Waldhüterpfad, östlich der Mietwohnungsbau südliche Riemeisterstraße bis zur Straße Im Gestell sowie die Reihenhausbebauung am Eisvogelweg. Route: Man erreicht das Innere des Kiefernhofes von der südwestlichen Riemeisterstraße durch ein Tor in der Umzäunung. Wir betreten den Kiefernhof gleich am Pavillon der Kindertagesstätte auf der rechten Seite hinter der Ecke Wilskistraße und Riemeisterstraße. Dieser Zugang ist nur im Rahmen einer Führung möglich, da das Tor üblicherweise verschlossen ist. Sehen: Die Bebauung des Kiefernhofes wird fast ausschließlich durch 2-geschossige Mietwohnungshäuser mit einem Dachgeschoss als Trockenboden gebildet. Der Kiefernhof entstand durch die Umbauung in den bereits genannten Straßen. Entlang der Wilski-, der Riemeisterstaße  und der Straße Im Gestell sind es rechtwinklig zu einander stehende geschlossene Gebäudeabschnitte, während der westliche Teil dreifach gestaffelt ist und in leichtem Winkel zu der sonst rechteckigen Hofform steht. Der Kiefernhof ist mit Kiefern und Birken bepflanzt. In der Mitte befinden sich ein Spielplatz für Kleinkinder sowie Sitzmöglichkeiten für ältere Menschen. Vor den gestaffelten Häusern im Waldhüterpfad liegt eine der wenigen größeren Grünflächen der Siedlung.   

Wissen: Der Block hat im Mittel eine Ausdehnung von ca. 81 m in ost-westlicher Richtung sowie eine Ausdehnung von 121 m in nord-südlicher Richtung. Es ist der größte Block der Siedlung überhaupt. Die Seiten des Blockes sind alternativ durch Wohnzimmer und Küche mit Balkon oder mit Schlafzimmer und Sanitärräumen gebildet. Um den Block herum liegen auf der Nordseite Schlafzimmer und Sanitärraum, auf der Ost-, Süd- und Westseite Wohnzimmer, Balkon und  Küche. Damit wird erreicht, dass die Hauptwohnseiten auf 3 Seiten auf die große ruhige Grün- und Freifläche ausgerichtet sind -unabhängig von der optimalen Besonnungssituation. Jeder der vier Wohnungen pro Haus ist ein Hausgarten zugeordnet. Die Erdgeschoss-Loggien sind über eine Öffnung im Geländer und eine Treppe mit den direkt vor der Hausfront liegenden Hausgärten verbunden. Die Nutzer der Wohnungen im ersten Obergeschoss erreichen den Hausgarten über einen Kellergang und eine Treppe im Gartenbereich. Architektur:  die architektonische Gestaltung der drei Hofseiten West, Nord und Ost ist sehr differenziert durch plastische Ausbildung und wird durch lebendige Farbgebung wie unterschiedliche Materialien charakterisiert. Die Schornsteinköpfe treten dekorativ aus der Dachlinie heraus. Das Außenputzmaterial  in blauem und weißem Farbanstrich wird durch rottonige Klinker im Sockel, den Loggien sowie den Dachabschlüssen variiert. Die Loggienkanten sind plastisch um 45 Grad gedreht und verstärken den expressionistischen Eindruck. Hier ist der frühe holländische Einfluss wie der des Expressionismus auf Bruno Taut sehr spürbar, der sich im Laufe der Zeit bis zum Bauabschnitt VII – 1932 – verliert. Wissen 2: Dieser „Kiefernhof“ war der erste Wohnblock in der Siedlung. Er entstand schon 1926-27. Um seine Baugenehmigung gab es erhebliche Auseinandersetzungen zwischen GEHAG als Bauherrin und dem Bezirk Zehlendorf als Baugenehmigungs-behörde. Der Oberbauleiter der GEHAG, Martin Wagner, und der Architekt Bruno Taut wurden von der Polizei mit Geld- bzw. Gefängnisstrafen bedroht. Erst das Einschreiten des Landes Berlin durch den Vorsitzenden des Berliner Magistrates, Oberbürgermeister Gustav Böß, führte zu einer Baugenehmigung. Man hatte aus der Zehlendorfer Politik versucht, untere Einkommensschichten, die hier vornehmlich angesiedelt werden sollten, im bürgerlichen Zehlendorf auszuschließen.  Die Angelegenheit ist an anderer Stelle ausführlich dargestellt. Wissen 3: Der Kiefernhof als Festplatz ist für die frühe Siedlungsgeschichte interessant, weil hier das damals berühmte – jährlich stattfindende – Fischtalfest endete. Der Bereich war in den ersten Jahren öffentliche Grünfläche.  Ein mehrere Meter langer Dekorationswagen mit dem Aufbau in Form eines mehrere Meter langen Welses wurde von Kindern  und Jugendlichen  begleitet und mit „großem Hallo“ durch die Siedlung gezogen. Der Umzug endete im Kiefernhof. Dort waren Buden, Karussels, Tanzböden u. ä. aufgebaut: Es feierten Klein und Groß, Jung und Alt bis in die Nacht. Dieses fröhliche Fest wurde erst mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 verboten. Es wurde durch paramilitärische Aufmärsche und Kampfspiele der Hitlerjugend im Fischtalpark ersetzt. Nach dem Krieg gab es keine Wiederbelebung dieser Festaktivitäten im Kiefernhof mehr. Als Ersatz werden heute jährliche Fischtalfeste für den gesamten Bezirk durchgeführt. Wissen 4: In diesem ersten Bauabschnitt tritt erstmals der Miethaustyp auf, der sich in weiteren Bereichen durch die Riemeisterstraße-Ost bis zur Straße Im Gestell wie durch die gesamte Wilskistraße zieht. Die Wohnungen werden von einem Wohnungstyp mit 2½ Zimmern und 65 qm Wohnfläche gebildet. Sie sind zu Zweispännern zusammengefasst und enthalten pro Haus 4 Wohnungen. Diese Einzelelemente sind zwischen den senkrecht auf die Wilskistraße tretenden Straßen zu eindrucksvollen Gruppen zusammengefasst. An den jeweiligen Straßeneinmündungen werden sie durch einen kubischen Winkelbau ergänzt, sodass insgesamt eine u-förmige Gesamtgruppe zwischen den Straßenabschnitten entsteht. Ihre Farbgebung ist unterschiedlich ausgebildet. Die straßenbegleitenden Häuser sind weiß-blau mit rottonigen Klinkerkanten und Sockeln, die abgewinkelten Teile gelb gestrichen. Die Farbgebung ist erst seit 2013 wieder durch die denkmalpflegerische Rekonstruktion erneuert worden. Damit wurde das ursprüngliche Erscheinungsbild wieder erreicht und das kontrastierende Farbbild tritt hervor. Zudem fällt auf, dass die Häuser auf der Nordseite der Wilskistraße fluchtend aneinandergrenzen. Auf der Südseite sind sie durch Treppenhäuser und Balkone mit jeweiligen Rücksprüngen plastisch ausgebildet. An den Einmündungen des Eisvogelweges und der Auerhahnbalz ist die Wilskistraße platzartig erweitert. Hierdurch wird die sich lang hinziehende Straße gegliedert. Diese Erweiterungen sind eine besondere gestalterische Lösung von Bruno Taut, die unter dem Namen Außenhaus-Konzept benannt ist. Hiermit wird erreicht, dass die Straße nicht nur als Verkehrs- sondern auch als Erlebnisfläche wahrgenommen werden kann. Durch die nördlichen Rücksprünge erreicht man die rückwärtigen Flächen dieses Wohnbereiches, die bis zur U-Bahntrasse durch Mietergärten genutzt werden. Die der Straße abgekehrten Häuserfronten haben eine bedingte Ähnlichkeit mit dem Kiefernhof – insbesondere dessen Ostseite. Route: Nach dem Gang  durch den Kiefernhof – entlang der Ostseite des Gebäudekomplexes – erfolgt der Ausgang an der Straße Im Gestell. Damit wird der zweite Bauabschnitt erreicht. Zurück zum Plan


05 Bauabschnitt II

Ausgang Kiefernhof – Straße Im Gestell – Beginn Bauabschnitt II

Beim Austritt aus dem „Kiefernhof“ in der Straße im Gestell fällt der Blick auf Reihenhäuser, gestaltet von Otto Rudolf Salvisberg, in intensivblauer Farbgebung auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Dies bezieht sich auf die Häuser zwischen Waldhüterpfad und Riemeisterstraße. Diese Reihenhäuser sind im Einzelnen durch senkrechte Ziegelbänder voneinander abgesetzt. Die Häuser haben zur südlichen Gartenseite einen weißen Anstrich. Lage im Siedlungsgebiet: Dieser Bauabschnitt wird auf der Nordseite gebildet durch die Straße Im Gestell, den südlichen Teil des Waldhüterpfades beidseitig, die parallel zum Waldhüterpfad östliche gelegene Reiherbeize und bezieht die südliche Riemeisterstraße sowie das südliche Ende des Eisvogelweges mit ein. Hier wurden ausschließlich Reihenhäuser einmal von dem Architekten Salvisberg  und zum anderen von dem Architekten Hugo Häring errichtet. Bauten dieser beiden Architekten wurden ausschließlich im Bauabschnitt II errichtet. Zurück zum Plan


06 Einzelladen

Rundblick an der Ecke Im Gestell / Riemeisterstraße

Im Blick zurück nach Westen erscheint das auffällige Haus an der Ecke Im Gestell und Riemeisterstraße. Es ist das Endhaus der Ostflanke der südlichen Riemeisterstraße . Es zieht sich im Winkel in die Straße Im Gestell hinein. Seine Gestaltung erinnert an Erscheinungen der niederländischen „De Stijl- Bewegung“ in seiner elementaristischen Farbgebung rot-blau-gelb und seiner horizontalen Plastizität. Diese Art der aufwendigen Gestaltung kommt in der Siedlung nur hier vor. Das Erdgeschoss gehörte lange zu den dezentralen Versorgungseinrichtungen mit einem Einkaufsladen. Heute ist hier eine Yogaschule untergebracht. Der Blick nach Norden entlang der westlichen Bebauung der Riemeisterstraße zeigt eine völlig bündige lange Hausfront mehrerer Hausaufgänge, die nur schwach durch die Anordnung gleicher Fensteröffnungen je Haus variiert wird. Der Blick auf die östliche Häuserzeile gegenüber mit ihren zur Straße gerichteten Wohnseiten zeigt die plastisch gestalteten Hausfronten, u. a. die eingeschnittenen Loggien und die hervortretenden Treppentürme. Hier passen auch die tiefen Vorgärten ins Bild. Beim Blick nach Osten in die Straße im Gestell zeigt sich, dass durch offen gelassene Bebauung der Blick in die Hausgärten – nördlich wie südlich – ermöglicht wird. Bei einer Drehung nach Süden sehen wir die beidseitige  Bebauung der Riemeisterstraße mit ihren straßenseitig grünlichen sowie rückwärtig weißen Häusern und rotbraunen bzw. grünen hölzernen Dachabschlüssen. Der Architekt ist hier Hugo Häring. Es sind Reihenhäuser, deren Bebauung sich auch im weiteren süd-östlichen Bereich ausdehnt. Sie sind Teil des frühen Bauabschnittes II. Zurück zum Plan


07 Im Gestell

Gegenüber dem Ausgang aus dem Kiefernhof …

…blicken wir auf die blaue Häuserzeile des Architekten Rudolf Otto Salvisberg. Dies sind gleichfalls Reihenhäuser, die aber anders sind als die gestalterisch ungeteilten Häuser von Hugo Häring. Jedes Haus ist hier durch eine unverputzte um ca. 10 cm vorstehende rottonige Ziegelschicht optisch getrennt. Die Fenster sind in unterschiedlicher Breite, Anzahl der Flügel ausgebildet und weiß gestrichen. Die Bodenfenster waren ursprünglich schmale Bandluken , die nur der Belichtung der Bodenräume dienten. Die teilweise Umnutzung der Bodenräume zu Wohnzwecken hat zu häufigen das Gesamtbild beeinträchtigenden Fenstern sehr unterschiedlicher Größen geführt. Die Eingangstüren sind mit dunkelblauer Ölfarbe gestrichen und die Metallgitter in den kleinen Fenstern sind rot abgesetzt. Dieser Abschnitt der Straße besteht aus zwei Teilen – einmal zwischen Riemeisterstraße und Reiherbeize sowie zwischen Reiherbeize und Waldhüterpfad.  Vertiefung: Während der östliche Abschnitt stark in der Befensterung verändert ist, verblieb der rechte Teil weitgehend im Urzustand. Dies lässt die schönen Proportionen  einschließlich der geschickten Fenstereinteilung  der Fassaden erkennen. Glücklicherweise ist die gesamte Straßenabwicklung wieder in einheitlichem dunklen Blauton wahrzunehmen, nachdem dies in den letzten Jahren durch Einfluss eines dort wohnenden Architekten auf seine Nachbarn erreicht wurde. Diese Zeile ist eine der markantesten Farbzeilen der Siedlung. Zurück zum Plan


08 Im Gestell

Straße im Gestell Ecke Reiherbeize

Nach wenigen Schritten in der Straße Im Gestell in westlicher Richtung öffnet sich der Blick auf den nördlichen Eingang der Straße Reiherbeize. Da die Route diese Straße nicht erfasst, erfolgen hier einige Ausführungen über ihre Gestaltung. Die Anordnung der Reihenhäuser erfolgt in Form von zwei Engführungen im jeweils vorderen und hinteren Bereich. Hier werden jeweils Gruppen von mehreren Häusern um wenige Meter vorgerückt mit kurzen Vorgärten angeordnet. Der nördliche Bereich der Reiherbeize beginnt sogleich mit diesen hervortretenden Gruppen. Auch weiter südlich im Verlauf der Reiherbeize sind solche Gruppen vorgezogen. Der Straßenzug läuft dann aus mit zurückliegenden Reihenhäusern. Die dazwischen liegenden Häuser haben eine Vorgartentiefe von ca. 4 Metern. Hierdurch entsteht einerseits im Süden eine Art Torbildung und andererseits zwischen diesen Vorziehungen ein Binnenraum. Diese räumliche Anordnung wird durch die Farbgebung unterstützt: Die vortretenden Häuser sind in Rotbraun gehalten, während die zurücktretenden Häuser im weißlichen Ton gestrichen sind. Die Fassaden dieser Gebäude sind durch hervortretende rottonige Ziegelbänder von einander abgegrenzt. Die Route führt weiter in westlicher Richtung und stößt auf die Kreuzung der Straße Im Gestell mit dem Waldhüterpfad. Zurück zum Plan


09 Waldhüterpfad

Straße Im Gestell Ecke Waldhüterpfad

Der Blick geht zuerst nach Norden – östlich und westlich der Miethausbebauung des Waldhüterpfades: rechts liegt  die dreimal gestaffelte plastischen Randbebauung des Kiefernhofes mit ihrer jeweiligen bündigen Front zur Straße und den dreieckigen baumbestandenen Hausvorfeldern. Auf der anderen Seite liegt die plastisch differenzierte Wohnseite der westlichen leicht gebogenen langen Hauszeile. Nach der Kreuzung mit der Straße Im Gestell entwickelt sich beidseitig der Straße in südlicher Richtung die Reihenhausbebauung Waldhüterpfad. Die jeweiligen Reihenhäuser sind wie schon in der Straße Im Gestell  jeweils durch eine hervortretende Ziegelschicht getrennt – hier und zusätzlich durch eine nuancierende Farbgebung der Hausfronten individualisiert. Die Farbpalette differenziert sich in Tönen wie Oliv, Umbra, Gelbgrün u. ä.. Diese  Art der  Farbgebung wird nur hier angewendet. In der östlich angrenzenden Reiherbeize wird sie durch das beschriebene einfache und leichter zu reproduzierende Farbmuster ersetzt. Route: Die Bebauung Waldhüterpfad erstreckt sich bis zum südlichen Ende an der Straße Im Fischtal. Im Waldhüterpfad gibt es gegenüber dem Eintritt in eine mittig in der Straße gelegene westliche Nebenstraße eine Gruppe von Reihenhäusern, die leicht vortreten und hierdurch den Waldhüterpfad  geringfügig einschnüren sowie in zwei Abschnitte teilen. Hier in der vom Verkehr geschützten Sackgasse findet alle zwei Jahre das „Straßenfest Waldhüterpfad“ statt. Die Hausfronten der 5 Meter breiten Gebäudetypen mit der Küche und den Dachvorsprüngen stehen sich gegenüber, sind also mit den vorgelagerten häufig geschmückten Hausgärten einander zugewandt. Zurück zum Plan


10 Eisvogelweg

Straße Im Gestell Ecke Eisvogelweg

Wir nähern uns dem Eisvogelweg durch die Straße im Gestell und biegen nun in nördlicher Richtung nach Links ein. Im Gegensatz zu den bisher wahrgenommenen Häusern der von Otto Rudolf Salvisberg in Reihen aufgeteilten Häuser sind die Häuser von Hugo Häring blockhaft zusammengefasst. Die Farbgebung ist hier einheitlich durch ein helles Grün bestimmt. Die Reihenhäuser sind wie überall zweigeschossig und mit einem Dachgeschoss abgeschlossen. Statt baulicher Elemente, die die Häuser trennen, sind jeweils zwei Eingänge durch gemeinsame Sockel und ein Vordach miteinander verbunden. Die Fenster neben den Türen wiederholen sich im ersten Obergeschoss, wie auch in verkleinerter Form im Dachgeschoss. Die Bad- und WC-Fenster liegen in einer Reihe mit den Tür-Oberlichtern. Die hölzernen Dachabschlüsse sind auf Straßenseite rotbraun gehalten, auf der Häuserrückseite in Grün. Bei der Fortsetzung des Weges im Gestell in Richtung Auerhahnbalz werden die rückwärtigen Privatgärten sichtbar. Auf dem Weg zur Wilskistraße kurz vor Ende des Eisvogelweges findet man bei Nummer 71 das Haus von Dr. Julius Leber, der 1945 in Plötzensee als  Widerstandskämpfer hingerichtet wurde. Zurück zum Plan


11 Bauabschnitt III

Wilskistraße Ecke Eisvogelweg

Die Bebauung des Eisvogelweges endet ca. 20 Meter vor den winkelförmig angeordneten Endhäusern der Wilskistraße, die gegenüber den Häusern des Eisvogelweges zurückgesetzt sind. Zusammen mit der gegliederten und in der Mitte geöffneten nördlichen Häuserfront der Wilskistraße entsteht eine platzartige Erweiterung. Diese ist eine spezielle Erfindung von Bruno Taut unter dem Begriff Außenhauskonzept. Ihr Zweck ist die Auflockerung des Wohngebietes. Dieses Konzept findet sich ein zweites Mal an der Einmündung der Auerhahnbalz in die Wilskistraße, wobei zwei eingeschossige Vorbauten als Einzelhandelsgeschäfte konzipiert waren. Im Gegensatz zur weitestgehend glatten Struktur der nördlichen Straßenseite ist die südliche deutlich gegliedert durch Hausaufgänge und Balkone. Der Zugang zur rückwärtigen Häuserfront der nördlich gelegenen Häuser ist leider nur für Anwohner geöffnet. Dort sind die Fronten eher plastisch ausgebildet. Zurück zum Plan


12 Restaurant

Ecke Wilski- und Riemeisterstraße

Hier kommt noch einmal das Restaurant „Kretaner, ein früher Gebäudeentwurf mit seiner zeittypischen runden Glasecke, das in Umnutzung begriffene flache Gebäude der ehemaligen  Sparkasse sowie die Klinkerfassade mit ihren großzügigen  Eingangssäulen des U-Bahnhofzugangs in den Blick. Bei ausreichender Zeit sollte die Möglichkeit genutzt werden, das links neben dem Flachbau befindliche Tor mit Zugang zu dem Sicherheitsweg entlang der U-Bahntrasse  zu besuchen. Hier wird die Rückseite des „Peitschenknalls“ mit ihren breiten Wohnungsloggien und Mietergärten für die Erdgeschoss-wohnungen sowie die erfreuliche Farbgebung einsehbar. Die Dachbodenzone wird durch eine über 450 m lange Zone in blauer Farbe zusammengehalten. Beim Wiedererreichen der Riemeisterstraße taucht noch einmal der GEHAG-Giebel an einem besonders klassisch-modern gestalteten Wohnhaus von Bruno Taut auf. Damit verlassen wir die südliche Siedlungshälfte aus der ersten Bauphase von 1926-29 und überqueren die Argentinische Allee bis zum Mittelstreifen. Zurück zum Plan


13 Peitschenknall

Argentinische Allee Ecke Riemeisterstraße – Mittelinsel

Dieser Bauabschnitt liegt zwischen Norden und Süden mittig in der Siedlung: Er erstreckt sich vom östlichen Beginn an der südlichen Waltraudstraße bzw. an der nördlichen Straße Waldfriedhof bis zur weiter westlichen Riemeisterstraße auf einer Länge von ca. 550 Metern beidseitig der Argentinischen Allee. Dieser Bauabschnitt besteht aus zwei Teilbereichen, dem südlichen Teil der linearen Bebauung sowie dem nördlichen Teil einer kammartigen Zeilenbebauung. Die Führungsroute erreicht jetzt einen der besonders eindrucksvollen Gebäudeteile der Siedlung, den Bauabschnitt VI von 1929-31. Der Blick auf die Argentinische Allee von der Mittelinsel aus nach Osten lässt die dem Betrachter zugewandte leichte Kurve der Hauptverkehrsstraße in ost- westlicher Richtung wahrnehmen, die der Kurve der U- Bahntrasse folgt. Sie bestimmt den Hauptgestus der Siedlung und charakterisiert ihre Großzügigkeit im Haupterscheinungsbild. Tatsächlich geht die Ausdehnung noch über die Riemeisterstrasse bis zur Onkel Tom-Straße hinaus und erreicht damit eine Gesamtlänge von ca. 750 m. Die nächtliche Straßenbeleuchtung lässt diese Kurve noch einmal nachziehend hervortreten. Die konvexe Kurvenbildung lässt die Argentinische Allee immer nur in überschaubaren Abschnitten erkennen und verhindert hierdurch unbefriedigende Endloswirkungen. Wissen 1: Die lineare Bebauung erstreckt sich auf einer Länge von rund 550 Metern. Sie setzt sich aus 33 Einzelhäusern mit jeweils zwei Wohnungen pro Treppenabsatz, sogenannten Zweispännern, und 6 Wohnungen pro Haus zusammen. Das ergibt eine Gesamtzahl von 198 2½-Zimmerwohnungen für das Gesamtbauwerk. Die Gebäude haben eine 3- geschossige Bebauung, die durch ein Bodengeschoss erhöht wird, das hier in die Gebäudegestaltung integriert ist. Das Gebäude insgesamt mit seinen 33 Aufgängen ist in seiner Länge durch ca. 50 cm tiefe, an den Kanten abgerundeten, Rücksprüngen in der Hausfront leicht gegliedert und in seinen Hauseinheiten erkennbar. Die Farbgebung der Hausfronten ist wie in den drei ersten Häusern – von der Riemeisterstraße aus gesehen – ganzwandig durch einen sattgelben Anstrich bestimmt: Die jeweiligen hausbezogenen Vertiefungen werden paarweise in den 4 Grundfarben – Rot, Blau, Weiß und Grün – variiert (siehe Literatur: K. Hüter “Architektur in Berlin 1900 -1933“ mit Hinweis auf Analyse durch H. Pitz). Die mehrfarbigen Haustüren und die Fensterfarben tragen zur Belebung dieses sehr langen Gebäudes bei, das jeweils mit einem zurückgesetzten Kopfbau endet, wie er an der Riemeisterstraße noch vorhanden ist. Das Endhaus an der Waltraudstraße ist ein Neubau aus den 70er Jahren als Ersatzbau für eine Kriegsruine nach einem der wenigen Bombenschäden in der Siedlung. Mit dem Neubau wurde hier ein zweiter kleiner Versorgungsbereich geschaffen. Die von der Riemeisterstraße – über einen Versorgungsweg zugänglich – erreichbare Rückfront des „Peitschenknalls“ eröffnet einen Blick auf die südliche Wohnseite mit den großen Loggien sowie den der weiß gestrichenen Hausfront vorgelagerten Hausgärten. Die Dachbodenzone ist durch eine über die gesamte Hauslänge ausgedehnte blaue Farbzone akzentuiert und zusammengefasst. Auf die Attraktivität dieser „Wohnlandschaft“ aus den farbig bepflanzten Loggien und den von den Erdgeschossterrassen direkt erreichbaren Mietergärten wird besonders verwiesen. Wissen 2: Der Name lautet „Peitschenknall“ – hier vollständig „PEITSCHENKNALL INS GESICHT DER BOURGEOISIE“. Er soll auf die Verstimmung zurückgehen, die der Architekt empfunden hat mit der die Zehlendorfer Politik, die dem Gesamtvorhaben der Waldsiedlung mit der tendenziellen Verhinderung eines Einzuges unterer Einkommensschichten begegnet ist und in jedem Bauabschnitt wieder neue Genehmigungsschwierig-keiten gemacht hat. Nun, nach dem „Zehlendorfer Dächerkrieg“ von 1928, insbesondere nach der Verbauung der Sicht der Anwohner aus den Häusern aus der Straße Am Fischtal auf den Fischtalpark mit ihren romantisierenden handwerklich vornehmlichen Einzelhäusern von 17 Architekten, kam die Antwort des „Peitschenknalls“ als serielles Großprojekt mit Ansätzen zu Vorläufern industrieller Organisation und Produktion zum Tragen.

Bauabschnitt VI (nördlicher Teil)

Unser Blick geht nun auf die nördliche Kammbebauung der Argentinische Allee von der Straße Am Waldfriedhof bis zur Riemeisterstraße und dann weiter bis zu Onkel Tom Straße. Hier reihen sich insgesamt senkrecht zur Argentinische Allee in Kammbebauung 13 Zeilenbauten bis zur Riemeisterstraße und 5 weitere bis zur Onkel Tom Straße – also 18 Zeilenbauten insgesamt. Die Kammbebauung zwischen der Straße Am Waldfriedhof und nördlicher Riemeisterstraße setzt sich aus paarweise gekoppelten Zeilenbauten zusammen. Der letzte Bauteil wird auf zwei Stockwerke herabgestuft indem der Bodenaufsatz weggelassen wird. Diese Zeilenbauten sind dreigeschossig, wirken jedoch durch ihr aufgesetztes farblich grün abgesetztes Dachbodengeschoss viergeschossig. Die Wohnseiten dieser Hauspaare mit ihren bandförmigen Loggien sind einmal zur Ostseite, zum andern zur Westseite gerichtet. Der Zugang der gekoppelten Häuser erfolgt von dem Zwischenraum der beiden Häuser her. Der Zugangsweg liegt für die Zeilenpaare in einer begrenzten Grünanlage. Sowohl der „Peitschenknall“ als auch die Kammbebauung bis zur Riemeisterstraße wurden 2015 denkmalgerecht ertüchtigt einschließlich der Außenanlagen. Zurück zum Plan


14 Papageiensiedlung

Hochsitzweg Ecke Am Wieselbau

Dieser Siedlun

gsteil erstreckt sich vom Hegewinkel nahe dem Grunewaldbereich im Norden bis zum südlichen Hochsitzweg sowie von der nördlichen Riemeisterstrasse im Westen bis zum Holzungsweg im Osten. Dieses nördlich der Argentinischen Allee gelegene Quartier besteht ausschließlich aus Reihenhäusern. Diese waren von Anfang an zum Verkauf bestimmt und wurden auch weitgehend veräußert. Hierdurch wurde früh eine soziale Schichtung eingeführt, da die Reihenhauserwerber aus finanziell besser gestellten Kreisen kamen. Dieses Quartier ist von den anderen Teilen der Siedlung relativ abgetrennt und wirkt in sich geschlossen. Eine parallele Schar von in nord-südlicher Richtung verlaufenden 5 Wohnstraßen ist hierin eingeschlossen: Am Wieselbau, Am Fuchspass, Treibjagdweg, Hochwildpfad und Am Lappjagen. Die Route geht aus Zeitgründen ausschließlich durch die Straßen Am Wieselbau und Treibjagdweg und berührt dabei die Straße Am Hegewinkel im Norden und den Hochsitzweg im Süden. In der Straße Am Wieselbau ist das erste Haus auf der südwestlichen Seite individuell gestaltet und setzt sich von den sonstigen Reihenhäusern ab. Die Westseite des Wieselbaus ist in zwei Abschnitte geteilt, wobei der südliche Reihenhaus-abschnitt durch sechs Meter breite Häuser gebildet wird. Entsprechend der generellen Darstellung im folgenden Abschnitt „Wissen“ sind die Eckhäuser an den nordöstlichen Seiten plastisch gestaltet. Auf der westlichen Seite an der Mündung zum Hegewinkel tritt eine stark farbig gestaltete Giebelfront in blauer Farbe hervor. Sie wird von rot-tonigen Ziegeln umrahmt. Dieses Gebäude bildet den Abschluss der sonst linear angeordneten Häusergruppe im südwestlichen Ende des Hegewinkels. Die Farbgebung dieses Siedlungsteiles ist durch folgende Charakteristika bestimmt: Die Querstraßen sind auf der Ostseite in braunrotem, auf der Westseite in grünem Farbton gehalten. Diese Farbgebung ergibt sich aus einer Korrespondenz mit dem jeweiligen Himmelslicht: Der braunrote Ton mit dem warmen Westlicht, der grüne Ton mit dem kalten Morgenlicht. Die ergänzenden Farben sind das Gelb des Am Hegewinkel im Norden und das Gelb im südlichen Hochsitzweg. Am südlichen Straßenende der Querstraßen in den Hochsitzweg sind die dortigen Häusergruppen unterbrochen und durch einen blauen Giebel akzentuiert. Die direkt angrenzenden Flächen dieser Häusergruppen sind in weißer Farbe gehalten. Das sonst vorhandene Aubergine des Dachbodenbereiches entfällt hier. Wissen: Die Straße am Hegewinkel im Norden und der Hochsitzweg im Süden sind nur einseitig bebaut und eröffnen den Blick in die jeweilige unbebaute Seite mit ihren Hausgärten. Die bebaute Seite des Hegewinkels besteht aus gestaffelt angeordneten Reihenhäusern, die zu unterschiedlich langen Gruppen zusammengefasst sind. Der Hochsitzweg wird jeweils durch eine Reihe von Reihen-häusern zusammengefasst, die jedoch an den Einmündungen der Querstraßen unterbrochen und dort differenziert gestaltet sind. Die Querstraßen sind auf westlicher und östlicher Seite jeweils in drei Häusergruppen aufgeteilt. Hierdurch ergibt sich ein Blick aus den Straßen in die Gärten und umgekehrt. An diesen Unterbrechungen ändern sich die Abstände der Gebäudefronten von den Straßen. Die Endteile der Häusergruppen im Treibjagdweg sowie im Hochwildpfad treten zumeist vor und bilden hiermit ein charakteristisches Wechselspiel. Es war die Absicht von Bruno Taut, auf diese Weise eine Lebendigkeit im Städtebau zu erreichen. In den übrigen Querstraßen stehen die Häusergruppen bündig in Reihe. Weitere Differenzierungen ergeben sich dadurch, dass die Endhäuser der Gruppen gekennzeichnet sind durch breitere, dreiteilige Fenster. Die Kopfbauten an den südwestlichen Enden der Querstraßen sind den stumpfen Winkeln der Straßenecken folgend durch mehrfache Staffelung plastisch gestaltet. Die nordöstlichen Straßenecken sind gleichfalls differenziert gestaltet. Hierdurch wird der Besucher des Hochsitzweges bzw. Hegewinkels in die jeweiligen Straßen hineingeführt. Die Häuser an den jeweils gegenüberliegenden Enden der Querstraßen sind gradlinig angeordnet. Zurück zum Plan


15 Hegewinkel

Am Wieselbau Ecke Am Hegewinkel

Entlang der Straße Am Hegewinkel sind Reihenhäuser errichtet. Sie sind zu Kleingruppen aus zwei bis drei Häusern zusammengefasst, welche ihrerseits zu Blöcken mit drei und vier Kleingruppen gegeneinander gestaffelt angeordnet sind. In der Straße kommen so 6 Blöcke zusammen. Durch diese markante Anordnung wird der gestalterische Abschluss der Siedlung erreicht. Die Südseite der Straße Am Hegewinkel wird durch die Gartenseiten der Nord-Südstraßen gebildet. So ist auch hier wie im Gegenüber am Hochsitzweg bis auf wenige Ausnahmen ein unverstellter Blick ins Grüne gegeben. Der südwestliche Teil der Straße Am Hegewinkel wird durch ein Gegenüber einer Reihenhauszeile gebildet. Hier erstreckt sich eine Gruppe von 10 Reihenhäusern. Der östliche Kopfteil davon beginnt mit einem stark blauen Giebel in der gleichen Farbe wie am Hochsitzweg. Die Häuser Am Hegewinkel sind durchgehend in gelbem Farbanstrich gehalten. Dies farblich so intensiv behandelte Quartier ist zum volkstümlichen Namensgeber „Papageiensiedlung“ geworden. Blicken wir in die senkrecht auf den Hochsitzweg treffenden Wohnstraßen, so finden wir zwei unterschiedlich farbige Reihenhauszeilen – die östliche ist in grüner Farbe, die westliche in rotbrauner Farbe gestrichen. Diese Farbtöne korrespondieren nach Tauts Definition bzw. Erkenntnis mit dem Himmelsfarbcharakter – grün mit dem „kalten“ östlichen Himmelston, rotbraun mit dem „warmen“ westlichen Himmelston. Die dominierende Farbe des zweigeschossigen Hauptbaukörpers wird ergänzt durch den hellen weißlichen Farbton des Dachgeschosses. Hinzu treten die leuchtenden Farben der Fensterumrahmungen und der Fensterflügel sowie der Abdeckleisten, ähnliche Differenzierungen bei den Haustüren. Die Haustüren werden durch rottonige Ziegelbänder umrahmt und mit rotgestrichen Metallgeländern und Rahmen der Eingangsüberdachungen ergänzt. In allen Haustüren erscheint über der Tür im Original ein rotes Rahmenstück als verbindendes weithin sichtbares Bauelement. Hinzu treten noch die Eingangspodeste aus Ziegeln sowie die Ziegelsockel. Neben den jeweiligen Farben der Hausfronten, treten im Schrägblick im Bereich der Dachgeschosse die Farben der jeweiligen Rückfronten und des Dachgeschosses hinzu, sodass sich eine Kombination aus drei Farben ergibt. In Verbindung mit dem Hausanstrich Gelb im nördlichen Hegewinkel und dem mehrteiligen Farbkonzept des Hochsitzweges ergibt dieser Mittelbereich eine reiche Farbpalette, die im Volksmund zu der Bezeichnung „Papageiensiedlung“ geführt hat. Diese hat einen sympathisierenden Charakter, der andere Bezeichnungen von Tautsiedlungen wie „Farbtopf“ und „Tuschkasten“ ergänzt. Anmerkungen: Die Ecken bzw. die Frontgiebel werden jeweils von der Vorderseite mit bestimmt, d. h. hier wird die Farbe der Vorderseite herumgezogen. An den Lücken zwischen den Zeilenenden wird auch die Farbe der Hauptfront herumgezogen. Eine Ausnahme von dieser Regel bilden die Nordecken am Hegewinkel: Hier wird das Grün der nach Osten gerichteten Rückseiten bei den vorstehenden Eckhäusern aufgenommen, allerdings dann beim Umbruch in die Linie der rotbraunen nach Westen gerichteten Häuser auf rot-braun umgestellt. Die Farbtrennlinie ist häufig die Hauskante. Die Reihenhäuser dieses Bereiches wurden sofort nach Fertigstellung zum Verkauf angeboten. Sie wurden auch zumindest teilweise veräußert, zum Schluss zu sehr günstigen Konditionen. Die Preise orientierten sich an den Eigenkapital-anteilen und sonstigen Vergünstigungen der Erwerber. Zurück zum Plan


16 Hochsitzweg

Hochsitzweg Ecke am Treibjagdweg

Der Hochsitzweg ist – mit einer Ausnahme – nur einseitig – im Süden – bebaut. Von Westen kommend auf der linken, der Nordseite, treten nur die jeweiligen Eckhäuser aus den 5 Wohnstraßen als mehr oder weniger stark plastisch gegliederte individualisierte Sonderformen hervor, die durch ihre einseitige Freistellung besonders ins Bild treten. Ansonsten wird die Nordseite durch das baumbestandene Grün zwischen den Hausreihen mit ihren Hausgärten gebildet. Die Bebauung der südlichen Front der Straße Hochsitzweg teilt sich in 4 Segmente in Korrespondenz zu den Wohnstraßen. Jeweils gegenüber den einmündenden Querstraßen wird das Straßenkontinuum in der Breite eines je 3 Meter breiten Grenzabstandes sowie eines 2 Meter breiten Stichweges – also mit 8 Metern – unterbrochen. Dieser Weg führt in die Tiefe der Grundstücke. Er hat Anschluss an einen rückwärtigen Querweg, der die Rückseiten der Grundstücke miteinander verbindet. Die Gebäudeabschnitte werden jeweils von gleichartigen – 5 Meter breiten – Reihenhäusern in gleicher Farbgebung gebildet. Bei diesen Abschnitten treten die Häuser jeweils links und rechts von den Stichwegen um 2 Meter von der sonstigen Straßenfront zurück. Die an der vorderen Baugrenze liegenden Reihenhäuser sind im Erd- und 1. Obergeschoss in gelblichem Farbton gestrichen, das 2. Obergeschoss ist in braunrotem Farbton abgesetzt und durch eine Ziegelschicht mit flachliegenden rottonigen Klinkern abgesetzt. Die Außenwand dieses obersten Geschosses, dem Dachgeschoss, ist leicht gegenüber der unteren Hausfront zurückgesetzt. Hierdurch wird eine Dachandeutung hervorgehoben. Die zuvor erwähnten geringfügig zurücktretenden Reihenhäuser seitlich der Stichwege sind mit 6 Metern etwas breiter und farbig vom Erd- bis zum Obergeschoss weiß gestrichen. Damit setzen sich die jeweiligen beiden zurückliegenden Häuser pro Stichweg durch Lage und Farbgebung, Breite, Fenstermuster und Relief ab. Eine interessante Wirkung wird dadurch erreicht, dass die seitlichen Giebel an den Stichwegen in einem strahlenden Blau gestrichen sind. Dies wirkt in die hier fast senkrecht auftreffenden Seitenstraßen hinein und kann von weither wahrgenommen werden. Wissen: Das hier gewählte Farbdesign hat etwas mit der Farbtheorie von Bruno Taut zu tun, der die Farbe u. a. in ihren unterschiedlichen Distanzwirkungen – vortretende und zurückweichende Wirkungen der Farbcharaktere – im Raum einsetzte. Hier wird das Blau in Verbindung mit dem kontrastierenden Gelbanstrich im entfernt liegenden Hegewinkel gebracht. Im Zusammenwirken mit den Farben der sonstigen nord-/südgerichteten Wohnstraßen entsteht das berühmte komplexe Farbkonzept, das die Farbwirkungen der De Styl-Bilder und Einzelarchitekturen niederländischer Herkunft – Mondrian, van Doesburg – auf den städtebaulichen Raum überträgt. Dieses gestalterische Konzept wird als wesentlicher Beitrag Bruno Tauts nachdrücklich hervorgehoben. Entsprechend wird es in der Fachliteratur gewürdigt. Jedoch ist es nicht nur die Farbe, die zu der Differenzierung der Siedlung führt, auch die Variierungen in der Anordnung der Baukörper bzw. die Gestaltung der Baukörper selbst tragen dazu bei. Hierdurch wird der ausgedehnte Hochsitzweg interessant gegliedert, aber auch mit den gegenüber liegenden Hausgruppen optisch verbunden. Seine leichte konvexe Straßenführung trägt dazu bei, verödende Wirkungen zu vermeiden. Zurück zum Plan


17 Dreieck

Riemeisterstraße Ecke Hochsitzweg

Dieser Siedlungsbereich wird im Osten von der nördlichen Riemeisterstraße, im Westen von der Onkel-Tom-Straße und im Süden von der Argentinischen Allee begrenzt. Damit liegt dieser Bauabschnitt – dieses Quartier – im nordwestlichem Teil des Gesamtgebietes. Route: Nach Verlassen des Quartiers Papageiensiedlung am Hochsitzweg führt die Route auf die westliche Seite der Riemeisterstraße-Nord auf den zeitlich letzten Bauabschnitt – das sogenannte Dreieck – zu. Wissen: Der Gebäudekomplex „Dreieck“ wurde 1931/32 fertiggestellt. Dies liegt zeitlich nach der Weltwirtschaftskrise, die sich auch in der Siedlung auswirkte: 1. werden hier nur noch große kompakte Bauteile errichtet 2. ist der Anteil der größeren Wohnungen hoch. Die Krise führte häufig zur Aufgabe von sehr großen und teuren Wohnungen in der Innenstadt, deren Mieter nun hier neue bezahlbarere Wohnungen nachfragten. Die GEHAG stellte sich auf diesen Bedarf ein. Zurück zum Plan


18 Dreieck, Nord

Durchgang zwischen den östlichen Gebäudekomplexen des „Dreiecks“

Die Blockbebauung besteht aus je zwei linearen Bauten parallel zu den Verkehrsstraßen Riemeisterstraße-Nord sowie der Onkel-Tom-Straße-Nord und der Argentinische Allee. Im Innern des „Dreiecks“ teilt eine von der Riemeisterstraße zur Onkel-Tom-Straße sich in ost-westlicher Richtung erstreckende Häuserzeile das ausgedehnte innere Areal. Diese ist nur durch einen Fußweg an das öffentliche Verkehrsnetz angebunden. Hier lässt die wünschenswerte Rekonstruktion noch auf sich warten wie teilweise auch in der Onkel-Tom-Straße. Zurück zum Plan


19 Dreieck, Süd

Südlicher Innenbereich des „Dreiecks“

Der Block ist neben den beiden Kopfteilen an der Argentinischen Allee durch drei senkrecht zur Hauptstrasse angeordnete Zeilen mit 3 dreigeschossigen Hausaufgängen (zuzüglich Dachboden) besetzt. Die jeweils letzten Hausaufgänge erhielten nur 2 Stockwerke, sodass die Zeile zum Hofinneren abgetreppt ist. Die Farbgebung dieser Zeilen alterniert jeweils. Insgesamt ergibt sich eine Abfolge von der Riemeisterstraße bis zur Onkel-Tom-Straße wie folgt: Zeile an der Riemeisterstrasse grün, auf der Hofseite blau; die folgende Zeile grün, Balkons im Kontrast rotbraun; die folgende Zeile rotbraun, Balkons im Kontrast grün; die folgende Zeile grün, die Balkons im Kontrast rotbraun; die Straßenzeile Onkel-Tom-Straße weiß, die Balkons gelb. Zu den angegebenen Farben der Baukörper treten die jeweiligen Fenster- und Türfarben kontrastierend und in unterschiedlichen Farbtönen hinzu. In diesen großen Grünräumen werden durch die erheblichen Zwischenräume Quersichten mit gleichzeitig mehreren Farben erlebbar, sodass mehrtonige Farbräume entstehen. Diese beiden zuletzt genannten Quartiere (Papageiensiedlung und Dreieck) werden in der Fachliteratur als besonders typische Bauten der Farbmoderne hervorgehoben und gelobt. Extras: auch hier sind wieder die schon an anderer Stelle aufgezeigten Zugänge aus den Erdgeschossloggien zu den vorgelagerten Mietergärten angelegt (auch im nördlichen Teil des Dreiecks). Diese Mietergärten entfallen an den Nahbereichen zu der lärmbelasteten Argentinischen Allee. Wissen: Mit diesem Bauabschnitt VII endet das immer mehr zunehmende Programm der Schaffung von Mietwohnungen in kompakten Wohnanlagen. In einem Überblick stellt sich dies wie folgt dar: Teilweise ist der Wohnungsbestand privatisiert. Die 6 Immobilienunternehmen, die den Bestand der GEHAG vom Berliner Senat und der Gewerkschaft erworben hatten, waren bestrebt, Wohnungen zu veräußern. Dabei blieben die Mietwohnungen weitgehend bisher verschont, aber bis auf wenige Ausnahmen sind die Reihenhäuser, von denen die GEHAG noch etliche bis ins Jahr 2000 in ihrem Bestand gehalten hatte, inzwischen verkauft. Zurück zum Plan


20 Erinnerungstafel

Innenecke des Gebäudes Argentinische Allee zur Riemeisterstraße

Nun sind wir am Ende der Führung. An der Ecke des „Peitschenknall“-Gebäudes zur Riemeisterstraße wurde zum 50. Todestag von Bruno Taut am 24.12.1988 eine Erinnerungstafel auf einem Klinkersockel errichtet. Das zweiseitige Bronzerelief schuf die Bildhauerin Annelies Rudolph – nach einem Beschluss der Bezirksverordneten-versammlung von Zehlendorf. Die GEHAG – heute „Deutsche Wohnen“ beteiligten sich finanziell an dem Denkmal. Am 24.12.2013 wiederholte sich der Todestag Bruno Tauts zum 75. Mal. Im Jahr 2016 erhielt die Tafel im Zusammenhang mit den Restaurierungsarbeiten einen anderen Standort und einen anders geformten Sockel aus roten Backsteinen. Wissen: Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten mussten alle leitend Beteiligten an der Siedlung Deutschland unter Gefahr der Verhaftung verlassen: Bruno Taut stand oben auf einer Liste zur alsbaldigen Einlieferung in ein Konzentrationslager. Er wurde gewarnt und konnte schnellstens fliehen. Taut fand Exil zunächst in Japan, dann in der Türkei bei Atatürk: Hier fanden ebenso Exil Ernst Reuter und Martin Wagner, Mitglieder des Berliner Magistrates. Rudolf Otto Salvisberg konnte als Schweizer in seiner Heimat Sicherheit finden. Fred Forbat konnte sich nach Schweden in Sicherheit bringen, Hugo Häring konnte in seinem Heimatort untertauchen. Franz Hillinger, ein Mitarbeiter Bruno Tauts, wurde von diesem in die Türkei nachgeholt. Adolf Sommerfeld, als einziger jüdischen Glaubens, konnte sich nach England retten. Die zunächst Genannten galten im National-sozialismus als internalistische kulturbolschewistische Intellektuelle. Viele Einwohner der Onkel-Tom-Siedlung -Mitglieder und teilweise Funktionäre der Gewerkschaft und der Sozialdemokratischen Partei – wurden nach 1933 in Strafprozesse gezogen und teilweise zu erheblichen Gefängnisstrafen verurteilt. Ihre Familien verließen zum Teil die Siedlung. Ihre Wohnungen wurden an Parteimitglieder der Nationalsozialisten vergeben. Eine der ersten Maßnahmen nach der Gleichschaltung der GEHAG zur „Deutschen Arbeitsfront“ (1933) war ein Verbot zur Vermietung von Wohnungen an jüdische Familien. Stolpersteine im Pflaster der Fußwege verweisen auf Vertreibungen der jüdischen Mitbewohner. Erinnerungstafeln für Dr. J. Leber und Graf von der Schulenburg verweisen auf Ermordete im Zusammenhang mit dem 20. Juli 1944. Zurück zum Plan